Ein Glück, dass das Atlàntida Film Fest ein Hybrid-Festival ist und man sich die Filme bis zum 19. August auch auf der Streamingplattform Filmin ansehen kann. Denn es ist ein Ding der Unmöglichkeit, sich das ganze Programm mit mehr als 100 Filmen vom 19. bis 28. Juli im Kino zu Gemüte zu führen.
Fast ebenso schwierig ist es auch, sich bei dem hochkarätigen Aufgebot, das allein mit mehr als 60 Spanien-Premieren aufwartet, eine Empfehlung zu geben. Im Telefongespräch mit dem Festivalleiter Jaume Ripoll haben wir uns auf diese Auswahl von elf Filmen einigen können, die dieses Jahr auf jeden Fall besonders sehenswert sind – darunter auffällig viele Beiträge aus Frankreich, Thriller und spannende Dokumentarfilme. Das ganze Programm finden Sie auf der Website des Festivals: atlantidafilmfest.com.
Isla perdida (Haunted Heart), auf Filmin
Wer ein Ticket für die Eröffnungsgala am 20.7. hat, kann sich glücklich schätzen, die Weltpremiere von Fernando Truebas Thriller mit Matt Dillon mitzuerleben. Alle anderen sollten sich den Eröffnungsfilm des Festivals, dessen Setting einer griechischen Insel laut Ripoll stark an Mallorca erinnert, als Stream ansehen.
Seven Veils, 22.7., La Misericòrdia
Das fabelhafte Filmdrama des zweifach oscarnominierten, kanadischen Regisseurs Atom Egoyan mit Amanda Seyfried in der Hauptrolle als Theaterregisseurin ist in der Welt der Oper verortet. „Dieser starke Film verströmt das Aroma von klassischen Thrillern aus den 90er-Jahren“, verspricht der Festivalleiter.
Wer hat Angst vor Braunau? 22.7., CineCiutat
2007 konfrontierte der österreichische Regisseur Günter Schwaiger mit „Hafners Paradies“ einen ehemaligen Waffen-SS-Offizier, der in Spanien Unterschlupf fand, mit seiner NS-Vergangenheit. Bei dieser neuen, laut Ripoll „Kriegstourismus-kritischen“ Doku geht es um die Nachnutzung von Hitlers Geburtshaus.
No Other Land, auf Filmin
Die palästinensische Doku „No Other Land“ wurde auf der Berlinale ausgezeichnet, doch die Dankesrede der Regisseure befeuerte die Diskussion um Antisemitismus in der Kulturszene. In den Augen des Atlàntida-Festivalleiters ist es „der Dokumentarfilm des Jahres – reflektiert, vielschichtig und sehr menschlich“.
The Balconettes, auf Filmin
Die französische Schauspielerin und Regisseurin Noémie Merlant – gerade wegen des neu verfilmten Erotik-Klassikers „Emmanuelle“ in den Schlagzeilen – präsentiert eine Komödie über drei junge Frauen im Sommer Südfrankreichs. Ein Film für Fans von Almodóvars „Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“.
Rock Bottom, 25.7., La Misericòrdia
Beim Thema große Künstler, die auf Mallorca gelebt haben, füge sich dieser Animationsfilm von María Trénor gut ins Programm, so Ripoll: „Wir beginnen mit dem Preis für Trueba, enden mit einem für Michael Douglas. Und dieser Film ist inspiriert von Robert Wyatt, der ein legendäres Album in Deià aufnahm.“
Une affaire de principe, 26.7., Sala Augusta
Ein Geheimtipp des Festivalleiters, „den viele nicht auf dem Radar haben, der sich aber lohnt“. Der Spielfilm von Antoine Raimbault über die Abgründe der Europapolitik fußt auf einer wahren Begebenheit: José Bové – Landwirt, Politiker und Umweltaktivist – will einen Korruptionsskandal um die Tabaklobby aufdecken.
A sudden glimpse into deeper things, 26.7., Sala Augusta
Die Doku handelt von einer lebensverändernden Reise der britischen Künstlerin Wilhelmina Barns-Graham im Jahr 1949. Für den Festivalleiter aus zwei Gründen stark: Weil die Geschichte von Tilda Swinton erzählt wird, und wegen des irischen Regisseurs Mark Cousins („The Story of Film: An Odyssey“), der zu Gast sein wird.
Langue étrangère, 27.7., Sala Augusta
In dem romantischen Film von Claire Burger – dem einzigen französischen Beitrag bei der Berlinale 2024 – trifft die 17-jährige Fanny bei einem Austausch auf ihre deutsche Brieffreundin Lena und will sie beeindrucken. „Das wird alle, die Erasmus gemacht haben, an diese Zeit in ihrem Leben erinnern“, so Ripoll.
Little Girl Blue, 27.7., Sala Augusta
Marion Cotillard übernahm in diesem bewegenden Dokudrama, dem Fotos, Briefe und Tonaufnahmen als Basis dienten, eine enorm komplexe Rolle: Sie spielt die Mutter der Regisseurin Mona Achache, die sich das Leben nahm. „Eine solche Kombination aus Biografie und Fiktion habe ich noch nie gesehen“, sagt Ripoll.
Blur: To the end, auf Filmin
Fans der Rockband Blur dürfen sich den Dokumentarfilm von Toby L. über das Wiedersehen nach acht Jahren Trennung nicht entgehen lassen: „Er ist ungefiltert, voller Intimität und Anspannung beim Aufeinandertreffen der gealterten Musiker“, sagt der Festivalleiter. Die Begegnung gipfelt in einem Auftritt.
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