Cristina García Rodero zeigt in Palma ihre berühmte Fotoserie „España oculta“

Diese Frau ist – ohne Übertreibung – eine Naturgewalt. Cristina García Rodero (75) kommt zwar ein wenig zu spät zur Präsentation ihrer Ausstellung in der Fundación Juan March, nimmt dann aber die Herzen der Zuhörer sogleich im Sturm. Ohne Umschweife fängt die mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Fotografin an, Anekdoten zu erzählen. Flankiert wird sie von Museumsdirektor Pablo Pérez d’Ors und Antoni Garau Vadell, dem Leiter des Kooperationspartners Centre Internacional de Fotografia Toni Catany – beide stehen ganz im Bann dieser kleinen, energiegeladenen Frau, die wie ein Wasserfall über ihre Arbeit spricht und nicht zu bremsen ist.
„Das Wichtigste im Leben ist, etwas zu tun, was dich erfüllt – in Freiheit, und vor allem mit Leidenschaft, Liebe, Neugier und dem Wunsch, alles zu geben“, sagt García. Dass ihr das gelang, ist auch einem Stipendium der March-Stiftung zu verdanken. Es ermöglichte der jungen Frau 1973, ihr erstes Equipment zu kaufen und mit dem Projekt „España oculta“ (Verborgenes Spanien) loszulegen – einer Serie, die mit dem 1989 erschienenen, gleichnamigen Fotoband zur Referenz spanischer, zeitgenössischer Fotografie werden sollte.

Cristina García Rodero bei der Präsentation der Ausstellung in Palma / Miquel A. Borràs
Virtuos komponierte Schwarz-Weiß-Bilder
Von 1974 bis 1988 durchkämmte García ihr Land, dokumentierte Volksfeste, hielt Traditionen, Bräuche und Riten, die teils in vorchristlicher Zeit wurzeln, Manifestationen des Glaubens und ländliche Alltagsszenen fest. Diese gehörten zu einer alten Zeit, zu einer alten Welt, die nach Francos Tod 1975 mit dem Aufbruch in eine neue Ära im Begriff war, zu verschwinden. „Ich konnte mir damals nicht vorstellen, welche Schätze Spanien für mich bereithalten würde“, sagt García. Einen Reichtum, den es auf eigene Faust zu entdecken und zu dokumentieren galt, da er zu vielen Landsleuten unbekannt gewesen sei.
Die virtuos komponierten Schwarz-Weiß-Bilder bilden ein Mosaik, das seine Stärke im Betrachten der Gesamtheit ebenso wie in jeder einzelnen Aufnahme entfaltet: Mädchen, die auf zotteligen Eseln schlafen, elegante Damen mit Zierkämmen, als Engelchen verkleidete Kleinkinder, die teils weinen und teils in der Nase bohren, oder eindrucksvolle Dokumentationen von archaischen Bräuchen wie dem Sprung über Neugeborene in Murcia, der eine Schutzwirkung haben sollte.

"El Colacho", Castrillo de Murcia, 1975. / Cristina García Rodero
Humor und Risikobereitschaft
Die Fotografien sind zutiefst menschlich, und einige zeugen von Garcías Humor, der auch bei ihren Erzählungen immer wieder durchblitzt: „¡Camarero! Un chocolate con churros“ (Cartagena, 1981) fängt etwa den Moment ein, als ein eleganter Kellner sein Tablett zwischen einer Prozession mit Büßern hindurchmanövriert. Die Balearen sind in der Schau, die 159 Fotos umfasst, durch ein Bild vom Fest zu Sant Joan in Ciutadella (Menorca, 1980) vertreten.
Es zeigt ein anmutiges, steigendes Pferd – eine riskante Situation: „Ich erinnere mich, dass ein Mann mich umwarf, wir fielen beide zu Boden, und das Pferd trat auf mich. Aber es hat mir nichts getan, es wollte mich nicht mit dem Fuß erdrücken. Daher schien es mir ein edles Pferd zu sein“, sagt die 75-Jährige, die sich an jede Geschichte hinter jedem Bild lebhaft erinnert – ebenso an die Anfänge, als sie das Abenteuer als 23-Jährige „mit fast kindlichem Optimismus“ begann.

Das steigende Pferd auf Menorca. / Héctor Soto Martínez
Zunächst reichte das Geld nicht für ein Auto. Als allein reisende Frau Anfang der 70er- Jahre und mit einer großen Tasche habe man sie meist für eine Händlerin gehalten. Nach einer eiskalten Nacht an einem Bahnhof legte sich García einen Schlafsack zu, der sie überallhin begleitete: „Ich nannte mich selbst das ‚Schlafsack-Mädchen‘ “, sagt sie. Als das Stipendium auslief, sicherte ein Job als Unidozentin ihren Lebensunterhalt, an den Wochenenden fuhr sie weiter in die Dörfer, um normale Menschen zwischen Religion und Weltlichem abzulichten. „Das Wort ‚Ruhepause‘ kenne ich nicht. Dafür aber Emotion, Suche, Erstaunen, Gastfreundschaft“, erklärt die Fotografin.
Verliebt in die Dörfer Spaniens
García, die selbst in der südspanischen Provinzstadt Puertollano geboren ist, fiel es leicht, sich in die Dörfer zu verlieben: „Ich glaube, ich leide am Stockholm-Syndrom. Wenn ich in eine Dorf fahre, endet es damit, dass ich mich überall mit den Menschen anfreunde.“ Dass ihr das stets spielend gelang, glaubt man ihr sofort: Beim Rundgang durch die Ausstellung hält sie die MZ-Redakteurin mit einem herzlichen, warmen Händedruck am Arm fest.
Begleitet von dieser vertraulichen Geste spricht sie über eine Aufnahme aus einem Dorf in Kastilien-La Mancha von einem Ritual zum Segnen der Erde: In besondere Trachten gekleidete Kinder begleiten dort das Geschehen mit ihrem Tanz. „Es regnete fürchterlich, doch kam plötzlich die Sonne hervor. Dieser Junge war so glücklich, dass sich alles doch noch zum Guten wendete, dass er anfing zu tanzen und alle mit seiner Freude ansteckte“, erinnert sich die Fotografin, die damals rückwärts habe rennen müssen, bis sie Seitenstechen bekam, und dabei noch die Kamera hielt. Der Junge ist heute Bürgermeister des Dorfes. Und seine Mutter bedankte sich viele Jahre später für das ikonische Bild – mit einem Korb selbst gebackener magdalenas.

„El danzante azul“, El Hito, 1980. / Cristina García Rodero
Chronik des ländlichen Spaniens: „Cristina García Rodero. España oculta“, bis 11.10., Fundación Juan March, C/. Sant Miquel, 11, Palma, Mo.–Fr. 10–18.30 Uhr, Sa. 10.30–14 Uhr. Dazu: Neuauflage des Buchs (33 zusätzliche Fotografien).
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