Sociedad

Kurator Walter Smerling über die poetischen Werke in der Llotja in Palma

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Es ist eines der mit Spannung erwarteten Highlights der Kunstnacht: Jaume Plensa, einer der international bedeutendsten zeitgenössischen Bildhauer, zeigt in der Llotja, der ehemaligen Seehandelsbörse, unter dem Titel „Mirall“ (Spiegel) zwei sieben Meter hohe Edelstahlskulpturen.

Kurator des Projekts, der dritten Schau in Folge nach langer Pause an diesem Ort, ist Walter Smerling. Der Vorsitzende der Stiftung für Kunst und Kultur in Bonn und Gründungsdirektor des MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst in Duisburg erklärt im Telefon- Interview, warum Jaume Plensas Werke hier genau am richtigen Ort sind.

«Eine tiefe Stille und ein Innehalten»

Sie haben mit der Stiftung Kunst und Kultur in der Vergangenheit bereits viele Projekte auf Mallorca durchgeführt. Wie kam es diesmal zur Zusammenarbeit mit der Balearen-Regierung?

Wir sind in permanentem Dialog mit der Kunst- und Kulturszene und den Künstlern auf Mallorca. Ich hatte die Ausstellung von Pedro Cabrita Reis im vergangenen Jahr gesehen, die mir sehr gefiel. So kam ich mit dem Bürgermeister ins Gespräch, und daraus entstand die Idee, Jaume Plensa für Palma zu gewinnen. Da wir uns lange kennen und auch schon lange zusammen arbeiten, schien es sinnvoll, hier zu kooperieren. Zumal Plensa ein Künstler ist, der international nicht nur erfolgreich ist, sondern vor allem internationale Kommunikation betreibt. Ob in den USA, in Südamerika, in Asien oder in Europa: Seine Figuren erzeugen eine tiefe Stille einerseits und ein Innehalten andererseits, ein Nachdenken darüber, wie es uns ergeht in der aktuellen Zeit. Die meditative Wirkung seiner Kunstwerke funktioniert überall auf der Welt.

Jaume Plensa (li.) und Walter Smerling bei der Präsentation der Schau in Palma.

Jaume Plensa (li.) und Walter Smerling bei der Präsentation der Schau in Palma. / Juan Gavilan

Worüber sollen die beiden Skulpturen in der Llotja zum Nachdenken anregen?

Sa Llotja ist ein toller Ort, bei dem das Thema der Dualität aus meiner Sicht ganz wunderbar passt. „Invisible Laura“ und „Invisible Rui-Rui“: Da stehen sich zwei Figuren Rücken an Rücken gegenüber. Das ist ein Projekt, mit dem nicht nur der Künstler, sondern wir alle über die Dualität in der Welt nachdenken können: über Körper und Seele, Tag und Nacht, Freude und Schmerz. Das hat in der Antike mit dem römischen Gott Janus begonnen, der gleichermaßen in die Vergangenheit und in die Zukunft blickt, und es sind interessante Gedanken, die hier kontemplativ vermittelt werden.

Im Gegensatz zu den vorherigen beiden Ausstellungen in der Llotja erscheint diese nun beinahe etwas minimalistisch …

Die Monumentalität der Figuren wirkt ebenfalls sehr spektakulär! Aber es geht ja nicht nur um das Spektakel, sondern um die inhaltliche Auseinandersetzung, und das funktioniert hier sehr gut. Es gibt eine große Tiefe und eine hohe Deutungsdichte. Natürlich dominieren die Figuren den Raum, aber nicht negativ, sondern sie bereichern ihn. Ich bin überzeugt: Jaume Plensa hier – das ist ein Weltereignis! Denn es treffen sich hier Figuren, die überall auf der Welt, auf allen Kontinenten zu Hause sein könnten. Das ist ein Zeichen für eine weltoffene Haltung, im Grunde genommen eine Demonstration gegen das Banale.

«Der ideale Raum für Jaume Plensa»

Was macht den Ausstellungsort der ehemaligen Seehandelsbörse in Palma für Sie so faszinierend?

Der Raum ist von den letzten 600–700 Jahren im übertragenen Sinne aufgeladen, eine Art Denkmal. Man spürt, dass es ein außergewöhnlicher Raum ist, und er gibt der Kunst einen fantastischen, würdigen Rahmen und lässt ihr größtmögliche Gestaltungsfreiheit. Das haben wir bei Cabrita Reis gesehen, und das sehen wir jetzt auch bei Plensa. Wenn ich von Rahmen spreche, reduziert sich das nicht auf die Architektur des Raumes, sondern bezieht sich auch auf seine Aura. Diese funktioniert wunderbar zusammen mit der Aura des Kunstwerkes.

Wie würden Sie diese Wechselwirkung zwischen der Architektur der Llotja und den Kunstwerken genau beschreiben?

Aus meiner Sicht ist es der ideale Raum für Jaume Plensa, weil der Künstler sich mit der Vergangenheit und der Gegenwart auseinandersetzt. Das insinuiert sein Werk. Und was passt da besser als ein Ort, der derart geschichtsbeladen ist und der jetzt größtmögliche Freiheit anbietet? In den Räumlichkeiten gibt es ein beeindruckendes Gewölbe – eine zurückgenommene Architektur, aber mit hoher Intensität.

Welche Bedeutung spielen bei Jaume Plensa das Gesicht und die Spiegelthematik, die sich im Titel „Mirall“ findet?

Ich erwähnte vorhin den Gott Janus, der schon vor Tausenden von Jahren in der römischen Göttertradition Vergangenheit und Zukunft reflektierte. Und Jaume Plensa vereint nun Materie und Gedanken dieser skulpturalen Sprache. Für mich sind die Gesichter Ausdruck von Poesie und Anmut. Wir sehen hier eine Stille, eine Versunkenheit im Traum. Aber wir sehen auch ein Geheimnis, das wir in all unseren persönlichen Beziehungen ebenso wahrnehmen können, wenn wir jemanden schweigend anschauen. Die Figuren verführen dazu, über unser gesellschaftliches Zusammensein nachzudenken. Wie befanden wir uns und wie befinden wir uns heute, und wie wird sich das mit uns entwickeln? „Männer und Frauen teilen ihre Gesichter im großzügigsten aller Akte“, sagt der Künstler. Es ist im Grunde eine unglaublich humanistische Darstellung, eine Liebeserklärung an die Gesellschaft.

«Immer wieder die gleiche, kontroverse Diskussion»

In Bonn konnten Sie im Mai nach langem Hin und Her die Skulptur „Laurelle“ von Jaume Plensa einweihen. Warum ist Kunst im öffentlichen Raum oft so umstritten, die Umsetzung so zäh?

Ich finde das ganz selbstverständlich und notwendig, dass über Kunst im öffentlichen Raum eine Auseinandersetzung stattfindet. Ich habe in den vergangenen 15 Jahren etwa zwölf, dreizehn Skulpturen in Salzburg realisiert und am Anfang immer wieder die gleiche kontroverse Diskussion führen dürfen. Jetzt sind diejenigen, die die Kunstwerke früher ablehnten, die Anwälte dieser Kunst und machen Werbung dafür. Je länger du dich mit der Kunst beschäftigst, desto größer ist die Chance, dass du sie nicht nur verstehst, sondern auch ein Fan davon wirst.

Was auch lange gedauert hat und in Ihren Worten seit Jahrzehnten überfällig ist, war die erste große Museumsausstellung von Miquel Barceló in Deutschland. Nun eröffnen Sie die Schau „Vida y Muerte“ am 27. September im MKM …

1982 hatte sich Miquel Barceló ja auf der documenta erstmalig in Deutschland präsentieren können. Aber eine Museumsausstellung gab es bisher nicht, das ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar. Ich habe Barceló vor fast 20 Jahren kennengelernt, und wir wollten auf Anhieb schon damals ein Projekt machen. Nun traf ich ihn mehrfach auf Mallorca in seinem Atelier und bin fasziniert von der Vielfältigkeit, dem Ideenreichtum und seiner künstlerischen Qualität. Für mich wäre die spanische Kunstszene ohne Barceló nicht denkbar.

Barceló ist ein schwer greifbares Phänomen. Wie erleben Sie ihn als Menschen?

(schweigt kurz) Wenn es den menschlichsten Menschen gäbe, wäre es Miquel Barceló. Miquel ist ein wunderbarer Künstler, ein wunderbarer Freund und ein wunderbarer Mensch. Aus meiner Sicht ist das wichtigste in allen Beziehungen Geradlinigkeit und Verlässlichkeit. Das bedeutet, dass man seine Gedanken offen definiert und diskutiert. Diese absolute Direktheit, Klarheit und Ehrlichkeit schätze ich an ihm sehr.

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