MZ-Journalistenpreise: Wie Medien über Mallorca berichten
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Wer als Bewohner Mallorcas nach Deutschland, Österreich oder in die Schweiz reist, hat dort mitunter gar nicht mehr so viel über die Großwetterlage auf der Insel zu erzählen. Viele Gesprächspartner sind bereits bestens informiert, ja, besser informiert als in den Jahren zuvor. So gut wie alle haben von den 2024 so prägenden Ereignissen erfahren, so gut wie alle wissen bereits, wie sich Besucheransturm und Wohnungsnot, Ferienvermietung und Proteste gegenseitig bedingen.
Journalistenpreise für Beiträge abseits der Klischees
Die Redaktion der Mallorca Zeitung vergibt im Rahmen eines Abendessens am Donnerstag (20.2.) zum fünften Mal ihre Journalistenpreise. Mit den vom mallorquinischen Inselrat unterstützten Auszeichnungen würdigen wir journalistische Texte und Beiträge, die in Deutschland, Österreich oder der Schweiz erschienen sind und abseits jeglicher Klischees der Vielschichtigkeit Mallorcas gerecht werden. Gewonnen haben diese Ausgabe FAZ-Korrespondent Hans-Christian Rößler und der freie Autor und Regisseur Marvin Entholt für seinen Film "Sehnsucht Mallorca - wie alles begann" (arte)
Wenn es Aufgabe der Medien ist, das Geschehen einzuordnen und Zusammenhänge aufzuzeigen, dann war das vergangene Jahr ein gutes Jahr für die deutschsprachige Berichterstattung über diese ja weiterhin so heiß geliebte Insel im Mittelmeer.
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Gewinner der fünften Ausgabe des MZ-Journalistenpreises: Der Regisseur Marvin Entholt und der Korrespondent Hans-Christian Rößler / Privat/FAZ
Dem "Wohin stuert Mallorca?" konnte oder wollte sich kaum ein Medium entziehen
Das bestätigt auch die Sichtung der konkreten Artikel, Fernseh- und Radiobeiträge sowie diverser Online-Formate für die Verleihung der diesjährigen Journalistenpreise der Mallorca Zeitung. Dem Thema „Wohin steuert Mallorca?“ konnte oder wollte sich kaum ein deutschsprachiges Medium entziehen. Viele mobilisierten dafür dann auch journalistische Schwergewichte. Zwei Beispiele: Beim „Spiegel“ war es der Reporter Alexander Smoltczyk, der das Rumoren auf der Insel am Beispiel der Aktivisten des Tauschrings in Sencelles zu erzählen wusste. Und bei der „Zeit“ nutzte der ehemalige Feuilleton-Chef Jens Jessen die Gelegenheit für eine provokante „Abrechnung“ mit dem „neuen Kolonialismus“ Massentourismus.
Doch das sind Kabinettstücke. Das wahre Brot-und-Butter-Geschäft, die deutsche Öffentlichkeit nicht nur punktuell, sondern kontinuierlich über Mallorca zu informieren, leisteten dieses Jahr vor allem die fleißigen Spanien-Korrespondenten. Bei den Print-Medien sind das Kollegen wie Ralph Schulze (u. a. „Tagesspiegel“), Reiner Wandler („taz“), Martin Dahms (u. a. „Frankfurter Rundschau“), Patrick Illinger („Süddeutsche Zeitung“) und Emilio Rappold (dpa).
Hans-Christian Rößler: Die Proteste klug und umsichtig eingeordnet
Ein wenig auch stellvertretend für sie alle geht einer der beiden von der MZ-Redaktion vergebenen Journalistenpreise dieses Jahr an Hans-Christian Rößler. In drei langen und etlichen kleineren Beiträgen - darunter auch ein Seite-1-Text in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung - wusste der Spanien-Korrespondent der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ die Proteste klug und umsichtig zu analysieren und einzuordnen.
Dafür nahm er, wie auch andere Kollegen, nicht die Vogelperspektive des Hauptstadt-Berichterstatters ein, sondern recherchierte vor Ort, mischte sich unter die Demonstranten, ließ auch die Kritiker der Kritiker zu Wort kommen und tat sogar ein „Deutsches Eck“ unter den Bewohnern der Wohnwagen am Stadtrand von Palma auf.
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Seite 1 der "FAZ am Sonntag" mit dem Artikel "Aufstand gegen die Gäste" von Hans-Christian Rößler / FAZ
ZDF und WDR besangen unbeirrt weiter die Schönheiten Mallorcas
Auch das Fernsehen berichtete intensiv über die Insel. Allen voran das ZDF, das jenseits der nachrichtlichen Berichterstattung gleich mehrere seiner Formate – von „Hallo Deutschland“ und „Terra X“ über „logo!“ bis hin zur „heute Show“ – mit Mallorca fütterte. Viele dieser aufwendig produzierten Sendungen legten den Akzent unverändert auf das Besingen der Schönheiten der Insel und wirkten so – wie auch der WDR-Beitrag „Mallorca – Insel der Sehnsucht“ – merkwürdig losgelöst von der Stimmung vor Ort.
Engagierter, mutiger und fantasievoller ging arte an den Dauerbrenner Mallorca heran. In gleich sechs Sendungen und Reportagen – darunter auch das verspielte Sprach- und Landeskunde-Format „Karambolage“ – beschäftigte sich der deutsch-französische Sender nicht nur mit Reich und Arm, Umweltschutz und Kunsthandwerk, Alkohol und Christen auf Mallorca, sondern zeigte in „Re: Wohnungskrise auf Mallorca“ auch die Wohnungsnot in all ihrer Dramatik.
Marvin Entholt: Der richtige Film zur richtigen Zeit
Ein wenig auch hier stellvertretend für diese Arte-Programmanstrengung vergibt die MZ-Redaktion den zweiten Journalistenpreis an Marvin Entholt für seinen Film „Sehnsucht Mallorca – Wie alles begann“.
Der erfahrene Dokumentarfilmer rekonstruiert darin anhand von Interviews mit Zeitzeugen und Experten sowie Archivmaterial die Geschichte des Massentourismus als gesellschaftliche Errungenschaft. Auch weil er versöhnlich abzuschließen weiß, war es der richtige Film zur richtigen Zeit.
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Ein Szenenbild aus dem Arte-Film „Sehnsucht Mallorca – Wie alles begann“ von Marvin Entholt. / arte
Das Netz quillt vor Mallorca-Info-Häppchen über
Und sonst? Auffallend war, dass es abseits des Ballermann-Tohuwabohus und der Inselmedien noch sehr wenige journalistische Online-Formate zu Mallorca gibt. Was nicht heißen soll, dass das Netz nicht fortlaufend mit Nachrichten, Bildern und Filmen über die Insel gefüttert wird – teils auch schon weitgehend ohne menschliches Zutun. KI und Algorithmen machen es möglich.
Die Mallorca-Info-Häppchen, sie vermehren sich immer schneller. Und machen damit einen Journalismus, der einzuordnen, zu erklären und zu erzählen weiß, noch notwendiger als bisher.
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